St. Mauritius, Appenzell: Restaurierung eines verschollenen Gemäldes von Dietrich Meuss
Das Obergardengemälde von Dietrich Meuss, aus dem 17. Jahrhundert, wurde während der Restaurierung 2019/2020 im Dachstock der Pfarrkirche in Appenzell wiederentdeckt, restauriert und an seinen originalen Platz im Hochaltar eingesetzt.
Über die Geschichte des Gemäldes «Maria Krönung» von Dietrich Meuss ist nicht sehr viel bekannt. Sicher scheint, dass es um 1870 als Oberblatt des Hochaltars ausgewechselt wurde. An seiner Stelle wurde das Gemälde «Die Taufe am Jordan» von Friedrich Stirnmann eingebaut. Das Gemälde von Dietrich Meuss wurde im Dachstock der Pfarrkirche mit weiteren ausrangierten Kunstgegenständen eingelagert. Im Zuge der Gesamtrestaurierung 2019 bis 2020 wurde der Dachstock unter der Leitung von Vera Marke aufgeräumt – hierbei wurde das Gemälde von Dietrich Meuss wiederentdeckt. Die ausrangierten Kunstgegenstände wurden sorgfältig katalogisiert und in der Ausstellung «Der Himmel hängt voller Geigen» dem Publikum zugänglich gemacht (www.himmleze.ch).
Das Gemälde Maria Krönung war über Jahrzehnte unsachgemäss gelagert und unsorgfältig behandelt worden. Die Folge waren Malschichtverluste, Wellen- und Dellenbildungen sowie ausgedehnten Rissbildungen und mechanische Verletzungen. Die spröde und brüchige Leinwand wies eine sehr schmale und vor allem stark in Mitleidenschaft gezogene Spannkante auf. Die Malschicht war verschmutzt und der Firnis hatte sich stark abgebaut.
Das Gemälde wurde zuerst im firmeneigenen Klimaraum bei idealen Klimawerten liegend gelagert, sodass sich die Leinwand langsam entspannen konnte. Dadurch trat eine deutliche Glättung der Deformationen auf. Der stark abgebaute Firnis wurde mit Lösemittel entfernt und die Malschicht wässrig nachgereinigt. Im Anschluss an die Reinigung konnten die Risse stabilisiert werden, dafür wurden in regelmässigen Abständen einzelne Fäden an den Risskanten miteinander verschweisst. Nach der Stabilisierung der Risse konnte die Leinwand planiert und auf die Stützleinwand doubliert werden. Bei der Doublierung und Planierung wurde darauf geachtet, eine plane, jedoch nicht spiegelglatte Oberfläche zu erzeugen, um die originale Leinwand nicht unnötig zu belasten. Nach erfolgter Doublierung konnte das Gemälde auf ein neues Spannsystem aufgespannt werden. Fehlstellen in der Malschicht wurden mit einem eingefärbten Leim/Kreide-Kitt gekittet und mit Schellack isoliert. Die Kittstellen wurden zweistufig integriert, in der ersten Stufe wurden die Kittstellen mit Aquarellfarben retuschiert. Darauf folgte der vollflächige Firnisauftrag, im Anschluss daran wurden mit Harzölfarben letzte Lasuren über die Kittbereiche gelegt.
Vor dem 19. Jahrhundert wurde fast ausschliesslich Bleiweiss verwendet. Beim Alterungsprozess kann Bleiweiss in Verbindung mit Ölen sogenannte Bleiseifen bilden. Durch die Verseifung wird die Farbe transparent; dies führt dazu, dass ältere Schichten, Untermalungen oder korrigierte Details wieder zum Vorschein kommen. Beim Gemälde von Dietrich Meuss konnte dies gut beobachtet werden, so hatte die Mutter Gottes bei genauerem Betrachten ein drittes Auge.
STANDORT
Pfarrkirche St. Mauritius, Hauptgasse 2, 9050 Appenzell, Appenzell Innerrhoden
DATIERUNG
1622 Dietrich Meuss (* unbekannt, † unbekannt)
LEISTUNG
Konservierung und Restaurierung
GESCHICHTE
1071 Bau der Pfarrkirche
1622 Einbau des Hochaltar mit Altargemälden von Dietrich Meuss
1830 bis 1890 Auswechslung des Oberblatts
2019 Wiederentdeckung des Gemäldes von Dietrich Meuss
1622 Einbau des Hochaltar mit Altargemälden von Dietrich Meuss
1830 bis 1890 Auswechslung des Oberblatts
2019 Wiederentdeckung des Gemäldes von Dietrich Meuss
2020 Auswechslung des Oberblatts
ZEITRAUM
2020